Anlässlich der aktuellen Sonderausstellung »Guter Stoff. Textile Welten von der Hansezeit bis heute« hat das Europäische Hansemuseum in Lübeck auch sein Sortiment im Museumsshop um nachhaltige Produkte aus Stoff erweitert. Das Angebot umfasst etwa handgefertigte Taschen und Accessoires aus ausgedienten Museumsfahnen oder altem Brokatstoff, die in Kooperation mit dem Lübecker Deutschen Roten Kreuz in deren Upcycling-Werkstatt hergestellt wurden.
Die Ausstellung »Guter Stoff« beschäftigt sich mit der Geschichte von Produktion, Handel und Konsum von Textilien im Mittelalter und richtet den Blick dabei auch auf Aspekte der Nachhaltigkeit und Modeindustrie von heute. Die Einkaufsstraßen und Malls in unseren Städten zeigen, wie selbstverständlich für uns heute Fashion und Shopping geworden ist. Ein Bewusstsein für Mode und das Interesse an wechselnden Trends gibt es aber schon viel länger: Im Mittelalter entwickelt sich Kleidung zu Mode – so unglaublich es auch klingen mag, es ist die Zeit einer ersten Konsumrevolution.
Die Textilindustrie zeigt unseren Wohlstand, sie hat aber auch viele gravierende Schattenseiten: Seit dem Mittelalter herrschen hier häufig starke Abhängigkeiten, die zu Ungleichheit und Ausbeutung führen. Auch unser Umgang mit Stoff steht heute im Fokus: Denn die Produktion und der Konsum von Textilien werden zunehmend als Treiber des Klimawandels, als Ursache für weitreichende Umweltverschmutzung und Ressourcenverschwendung kritisch diskutiert. Stoff wird seit dem Spätmittelalter in immer größeren Mengen hergestellt – der Massenkonsum nimmt zu. Technische Neuerungen bringen entscheidende soziale und ökonomische Umbrüche mit sich und prägen die Arbeits- und Lebenswelt im 12. Jahrhundert ebenso wie die in der Industriellen Revolution des 19. Jahrhunderts. Schon im Mittelalter sind Textilien ein Gesellschaftsthema: Wohlstand und Verschwendung von Textilien werden als Gefahren für die Gemeinschaft diskutiert – Luxus- oder Kleiderordnungen sind nur eine Folge davon. Nachhaltigkeit im Sinne von Schonung der Ressourcen und der Umwelt, einhergehend mit einem Umdenken in der Textilbranche, um Gegenpole zu Fast-Fashion zu kreieren, ist dagegen ein modernes Thema.
In diesem Fadennetz bewegen wir uns und müssen selbst entscheiden, wie wir mit unserem eigenen Verbrauch und Konsum umgehen und wie ein Umdenken Hand in Hand funktionieren kann, um die Lebensdauer und die Wertschätzung unserer Kleidung zu überdenken: bewusst shoppen, reparieren statt wegwerfen, nachhaltig einkaufen oder kreatives Upcycling als ein Fashion-Statement wertet alt gewordene Artikel wieder auf und setzt einen wichtigen Trend.
Und so haben sich die ausrangierten Museumsstoffe des Europäischen Hansemuseums nun in handgefertigte Umhängetaschen, Stoffbeutel und Täschchen für Accessoires verwandelt. Entstanden sind dabei nicht nur besonders schöne Unikate, sondern auch nachhaltige Produkte, die nun erworben werden können.
[U.R.]