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April 2020

Kunstpause und Applaus (Teil 5)

Nein, die Künste sind nicht verstummt. Und ja, es ist eine Krise. Und wie mit dieser umgegangen wird, dies zeigen Christoph Hagel musizierend aus Charlottenburg und Nina Backman sinnierend aus schwedischen Gefilden.

Christoph Hagel, routiniert klavierspielend zu Hause

„Klavierspielen kann ich unbegrenzt in meinem Klavierstudio“, so Christoph Hagel, der nicht nur als Pianist, sondern besonders als Erfinder neuer Musikformate und Leiter vieler Opernaufführungen in Erscheinung tritt. „Proben mit Sänger*innen könnte ich auch machen“, doch diese seien ja nur sehr bedingt mit den derzeitigen Abstandsregeln zu vereinbaren. Orchesterproben gingen wohl gar nicht. Seine Managementmitarbeiter sind auch im Homeoffice oder haben coronafrei. Das alles drückt Hagel gehörig auf die Stimmung. Als Regisseur, der gerne Heerscharen von Musiker*innen, Akrobaten und Akteuren auf der Bühne, unter Tage und in der Luft dirigiert, vermisst er die Gemeinschaft und die Kultur on stage besonders stark.

Ganz anders Nina Backman. Sie ist eine finnische Künstlerin, Kuratorin und Gründerin der Reihe Silence Project. Einige dieser Kunstinstallationen bestehen aus einem performativen Esserlebnis, dem Silence Meal, welches bestimmten Regeln folgt. Da die Rituale des Speisens ohne verbale Ablenkung vollzogen werde, bringe die Gemeinschaft des Schweigens eine dem Anlass eigene Intensität mit sich. Dies erfordere durchaus etwas Disziplin. Und auch zu Hause – derzeit in Schweden – hat sich Backman ein wenig Durchhaltevermögen und eine gute Routine erarbeitet, da sie die meiste Zeit ihres Lebens Konzepte und Ideen vom heimischen Schreibtisch aus entwickelt. „Ich persönlich liebe das!“, so Backman. Was hat sich also geändert? „Meine Praxis ist dieselbe geblieben, abzüglich der Reisen.“

Das neue Silence Project Backmans handelt von Natur, Stille und vom Bäume pflanzen und diese Idee weist damit auf die andere Krise neben Corona hin, der des Klimas. Nina Backman hofft, „dass wir aus der gegenwärtigen Phase mit mehr Verständnis und Empathie gegenüber unseren Mitmenschen, der Natur und der natürlichen Umwelt herauskommen werden.“ Und sie sei hoffnungsvoll, dass dies gelingt!

Christoph Hagel hält sich mit Prognosen über die Zukunft zurück. „Es wird natürlich nicht einfach weitergehen, als ob nichts passiert wäre.“ Die Frage sei, welche Aufgabe Kunst und Kultur post festum, also ‚danach‘ haben werden. „The Party is over“. Dies allerdings findet er „ziemlich spannend!“ Vielleicht wird daraus ja auch eine neue Produktion erwachsen. Und was schaut Hagel sich bis dahin so an? Die Ocean`s Filme bei Netflix.

Nina Backman frönt stattdessen lieber der Kochkunst und informiert sich mit Sami Tallberg über Wildkräuter und mit Liisa Forbes über die vegane Küche. Oder sie taucht ganz tief in die Kunst ein und sieht die Welt auf neue Art und Weise.

 

In der nächsten und abschließenden Folge schauen wir uns dann den Rhein an.


[S.H.]

Nina Backman, routiniert kreativ vor Laptop mit Farben und Tuben